Erbschaftsrecht
Was ein Notar im Erbfall tut
In Erbschaftsangelegenheiten erstellt der französische Notar in der Regel drei verschiedene Urkunden:
- Die Offenkundigkeitsurkunde bestimmt, wer die Erben sind, und ermöglicht insbesondere die Freigabe der Bankkonten der verstorbenen Person.
- Die Erbschaftssteuererklärung dient zur Erstellung eines Inventars des Vermögens des Verstorbenen und zur Berechnung der eventuell anfallenden Erbschaftssteuer. Das französische Steuersystem unterscheidet sich deutlich vom deutschen: Der überlebende Ehepartner zahlt keine Erbschaftssteuer und unterliegt keiner Betragsgrenze. Kinder hingegen haben nur Anspruch auf einen Freibetrag von 100.000 Euro pro Kind und pro Elternteil, gegenüber 400.000 Euro in Deutschland. Der zu zahlende Steuerbetrag wird dann tranchenweise festgelegt.
- Die Eintragung der Immobilie in das Grundbuch im Namen der Erben.
Nachlassakte
Die folgende Liste enthält alle Dokumente, die wir für die Nachlassabwicklung benötigen
Eröffnung einer erbschaftsakeInternationale Erbschaften
Bei grenzüberschreitenden Fällen hat die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) vom 17. August 2015 (EU-Verordnung Nr. 650/2012) die bis dahin anwendbaren Regeln von Grund auf verändert. Wo bis zu diesem Zeitpunkt je nach Standort der Immobilien unterschiedliche nationale Rechte zur Anwendung kamen, gilt nunmehr nur noch ein Recht,
und zwar prinzipiell das Recht des Landes, in dem der verstorbene Erblasser zum Todeszeitpunkt seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wobei dieser letzte Aufenthalt mitunter schwierig zu bestimmen ist. Dabei müssen nämlich die gesamten Lebensumstände des Verstorbenen berücksichtigt werden. Dazu gehört z. B. die Untersuchung des Zentrums seiner wirtschaftlichen Interessen oder die Bestimmung des Ortes, an dem er die meiste Zeit verbrachte.
Der Artikel 21-2 sieht „ausnahmsweise“ vor, dass, wenn sich „aus der Gesamtheit der Umstände [ergibt], dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem Staat“ seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts hatte, das Recht ebendieses anderen Staats Anwendung findet.
Jeder Erblasser hat jedoch die Möglichkeit, testamentarisch zu verfügen, dass sein nationales Recht für den Nachlass anzuwenden ist (professio juris).
Anwendung des deutschen oder des französischen Rechts?
Diese europäische Verordnung hat einerseits zu einer willkommenen Vereinfachung geführt, bedeutet aber auch, dass manchmal für Immobilien in Frankreich deutsches Recht und für Immobilien in Deutschland französisches Recht gilt. Für die Abwicklung dieser Erbschaften wird dann ein Europäisches Nachlasszeugnis ausgestellt, das die Freigabe der Bankkonten und die Veröffentlichung im Immobilienregister durch den zuständigen Notar ermöglicht. Die Zusammenarbeit zwischen dem französischen und deutschen Notar ist in diesem Fall von grundlegender Bedeutung.
Das gemäß der Verordnung ermittelte anwendbare Recht gilt nur für die Bestimmung der Erben, nicht aber für die Bestimmung des anwendbaren Steuerrechts. Die steuerlichen Regelungen werden durch das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Frankreich vom 12. Oktober 2006 geregelt, das am 3. April 2009 in Kraft getreten ist. Das Abkommen verhindert eine Doppelbesteuerung und unterscheidet zwischen mehreren Szenarien, je nachdem, ob der verstorbene Erblasser und/oder die Erben in Frankreich oder Deutschland ansässig sind. Einige dieser Szenarien sehen vor, dass sowohl in Frankreich als auch in Deutschland gelegenes Vermögen in Frankreich besteuert wird.
Was ist das Europäische Nachlasszeugnis und wozu wird es benötigt?
Das Europäische Nachlasszeugnis ist ein vom Notar verfasstes Standardformular und wird in den 25 EU-Mitgliedsstaaten als Nachweis der Erben und der anderen an einem Nachlass beteiligten Personen (Vermächtnisnehmer usw.) anerkannt. Dieser Nachweis ist für alle Länder bestimmt, in denen der verstorbene Erblasser Vermögen besaß, und erspart den ausländischen Notaren die Sammlung der verschiedenen Dokumente der Erbschaftsangelegenheit (Zivilstanddokumente, Testament, Wohnsitzbestimmung usw.) sowie deren Übersetzung – ein erheblicher Zeit- und Geldgewinn. Das Europäische Nachlasszeugnis ist jedoch nicht obligatorisch und in manchen Fällen ist eine Erstellung auch nicht sinnvoll.
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